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Schlagwort: Verkehrsunfall Seite 1 von 2

Autounfall: Wird ein Werkstattrabatt angerechnet?

Der BGH hatte einen kniffligen Fall zu entscheiden: Herr Petrow fuhr mit seinem Renault auf den Mercedes von Herrn Schuhmacher auf. Ein hoher Sachschaden entstand. Den würde Herr Petrow tragen müssen. So ging dann Herr Schuhmacher zu einem Gutachter und dieser stellte fest, dass eine Reparatur 3500 Euro kosten würde. Ohne die Reparatur durchführen zu lassen – dies ist grundsätzlich zulässig – lies sich Herr Schuhmacher diese 3500 Euro von Herrn Petrow erstatten. Im Nachhinein entschied er sich jedoch, seinen geliebten Mercedes tatsächlich reparieren zu lassen. „Normalerweise kostet sowas 4000 Euro“, sagt ihm der KfZ-Mechaniker Adrian, „Da Sie aber selbst für Mercedes arbeiten, bekommen sie einen Werksrabatt von 1000 Euro.“ … „Sehr gut“, dachte sich Herr Schuhmacher, „Ohne den Rabatt hätte ich 4000 Euro gezahlt. Also bekomme ich noch 500 Euro von Herrn Petrow.“ Liegt er da richtig?

Dies scheint zunächst nicht allzu abwägig. Schließlich ist es nur schwer einzusehen, warum der Unfallgegner davon profitieren sollte, dass man einen Werksrabatt erhält. Der BGH entschied dennoch anders (Urteil vom 18. Oktober 2011 – VI ZR 17/11 ): Durch einen Unfall soll man sich nicht bereichern und zwar unabhängig davon, wer schuld hat. Herr Schuhmacher darf zwar seine zuvor auf Gutachterbasis abgerechneten 3500 Euro behalten. Eine Aufstockung auf 4000 Euro erfolgt jedoch nicht. Wichtig ist aber noch Folgendes: Hätte die Reparatur tatsächlich 4000 Euro gekostet, so hätte Herr Schuhmacher die Differenz von 500 Euro nachträglich noch einfordern können.

Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall (Teil 1)

Folgende fiktive Situation zur Veranschaulichung: Sebastian V. fährt wie jedes Jahr mit seinem über alles geliebten VW-Käfer zum Nürburgring. Als bezinsparender Autofahrer nimmt er vor einer roten Ampel frühzeitig seinen Fuß vom Gaspedal. Hiermit hat der temperamentvolle Fernando A. nicht gerechnet. Mit stark überhöhter Geschwindigkeit fährt er mit seinem Ferrari ins Heck des VW-Käfer. Sebastian V. ist unverletzt geblieben. Dennoch ist er außer sich vor Wut ob des imensen Schadens an seinem Auto. Noch wütender wird er, als sich der Haftpflichtversicherer seines Unfallgegners weigert, eine Reparatur des VW-Käfer zu bezahlen. Der Versicherer benutzt in seinem Schreiben insbesondere den Ausdruck „wirtschaftlicher Totalschaden“ und bietet ihm einen gebrauchten VW-Beetle als Kompensation an. Im Folgenden soll die Frage beantwortet werden, ob und unter welchen Umständen Sebastian V. auf einer Reparatur seines VW-Käfer bestehen kann.

Grundsätzlich hat bei einer Schadenshöhe von mehr als 700 Euro ein Schadensgutachten zu erfolgen. In diesem wird aufgeführt, welchen Wert ein mit dem Unfallfahrzeug vergleichbares Fahrzeug hat. Darüber hinaus wird festgestellt, wie viel eine Reparatur des Unfallfahrzeugs kosten würde. Liegen die Reparaturkosten mehr als 130 % über den Kosten für die Anschaffung eines vergleichbaren Fahrzeugs (in beiden Fällen ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuer), so kann der Geschädigte maximal den Betrag verlangen, den die Anschaffung des Ersatzfahrzeugs kosten würde. In diesem Fall läge ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden vor. Sebastian V. würde somit in die Röhre gucken.

Er will sich jedoch nicht so leicht geschlagen geben. Schließlich ist ihm sein VW-Käfer lieb und teuer. Er vereinbart deshalb mit einer Kfz-Werkstatt einen Rabatt und drückt so die Reparaturkosten unter die 130 %-Grenze. Jetzt müsste er doch eigentlich die vollen Reparaturkosten ersetzt bekommen. „Nein!“, sagt der BGH: Es kommt alleine darauf an, ob eine Reparatur wirtschaftlich vernünftig ist. Mögliche Rabatte werden dabei nicht berücksichtigt (BGH, Entscheidung vom 8.2.2011 – VI ZR 79/10).

Sebastian V. bringt es dennoch nicht übers Herz, sich von seinem VW-Käfer zu trennen. Er ist deshalb entschlossen, zur Not selbst einen Betrag draufzuzahlen. Wie hoch wird dieser Betrag ausfallen? Hierbei ist darauf Acht zu geben, dass Sebastian V. nicht etwa die bereits angesprochenen 130 % der Ersatzwagenkosten verlangen kann. Stattdessen bekommt er nur den Betrag erstattet, den ein vergleichbares Ersatzfahrzeug kosten würde (also 100%).

Hingewiesen werden soll noch auf den Spezialfall, in dem der Geschädigte sein Fahrzeugs in Eigenarbeit repararieren will. Dies ist grundsätzlich möglich. Der Geschädigte kann dann von der Haftpflichtversicherung den Betrag verlangen, den die Reparatur in einer Fachwerkstatt gekostet hätte. Die bereits angesprochene 130 %-Grenze kommt dem Geschädigten jedoch nur zu Gute, wenn er die Reparatur fachgerecht durchführt. Tut er dies nicht, so kann er nur maximal Kosten in Höhe von 100 % der Kosten eines Ersatzfahrzeugs  ersetzt verlangen.

Anspruch auf neue Brille nach einem Verkehrsunfall

Das Landgericht Münster hat entschieden, dass ein Fahrzeugführer, dessen Brille bei einem Unfall beschädigt wird, einen Anspruch auf eine neue Brille hat. Einen „Neu-für-Alt-Abzug“ muss der Geschädigte nicht akzeptieren, auch wenn er durch die Anschaffung neuer Brille wirtschaftlich besser gestellt wird. Der Geschädigte war aufgrund der medizinischen Notwendigkeit und des fehlenden Gebrauchtmarktes für Brillen auf einen Neuerwerb angewiesen, so das Gericht.

Landgericht Münster, Urteil vom 13.05.2009 Az.: 01 S 8/09

Zur Berechnung der Mietwagenkosten nach dem Verkehrsunfall

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute entschieden, dass der Tatrichter sowohl die Schwacke-Liste als auch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel bei der Berechnung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall als Grundlage nehmen darf.   Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienten dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung. Er könne im Rahmen seines Ermessens von diesen – etwa durch Abschläge oder Zuschläge auf die sich aus ihnen ergebenden Tarife – abweichen, so dir Karlsruher Richter.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.04.2011 Az.:  VI ZR 300/09

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