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Kategorie: Sozialrecht Seite 4 von 11

Jobcenter muss bei Schuldentilgung helfen

Jobcenter muss die Schulden beim Strom- und Gaslieferanten zahlenDas Jobcenter hat dem Kläger -einem „Hartz-4-Empfänger“- Abschläge für die Zahlung von Energiekosten überwiesen. Dieser hat die Zahlungen nur teilweise an die Energielieferanten weitergeleitet. Dadurch hatten sich Schulden in Höhe von rund 3000 € angehäuft. Nachdem der Energielieferant die Versorgung eingestellt hat, bat der Kläger beim Jobcenter um eine Darlehensgewährung zwecks Ausgleich der Verbindlichkeiten.

Zunächst jedoch ohne Erfolg. Der arbeitslose Mann zog vor Gericht und bekam in zweiter Instanz Recht. Das Landessozialgericht NRW verpflichtete das Jobcenter zur Gewährung des Darlehens. Der Leistungsberechtigte, der zunächst alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausschöpfen muss, bevor der Staat als Ausfallbürge der Energieversorger eintreten muss, hatte sich vergeblich um eine vergleichsweise Einigung mit den Stadtwerken bemüht; die Beschaffung eines Privatdarlehns scheiterte. Die Sperrung der Energieversorgung ist eine Notlage, die die Bewohnbarkeit der Wohnung mit Mietschulden vergleichbar beeinträchtigt und die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Sicherung der Unterkunft i.S.v. § 22 Abs. 8 S. 1 SGB II indiziert. Ist die Sperrung nicht nur angekündigt, sondern bereits durchgeführt, entspricht dies drohender Wohnungslosigkeit i.S.v. § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II. Das Jobcenter muss daher erstmal zahlen.

LSG NRW, Beschluss von 13.05.2013, Az.: L 2 AS 313/13 B ER

Hartz 4 – Bezieher dürfen bei den Jobangeboten nicht zu wählerisch sein

Ein ALG II – Empfänger, der seit mehreren Jahren von der Grundsicherung lebte, erhielt von seiner Arbeitsagentur ein Jobangebot bei einer Zeitarbeitsfirma. Im Vorstellungsgespräch beim Job-Center bat er um Bedenkzeit. Zur Begründung führt er aus, dass die neue Firma mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichen sei und er ohnehin an Jobs bei Zeitarbeitsfirmen kein Interesse habe. Daraufhin kürzte ihm die Arbeitsagentur seine Bezüge erheblich. Zu Recht, so das Sozialgericht Karlsruhe. Durch die Bitte um Bedenkzeit hat der Mann de facto die Arbeit abgelehnt. Damit habe er seine Verpflichtung verletzt sich um eine Arbeit zu bemühen. Auch das Argument der schweren Erreichbarkeit ging fehl. Bei einer Arbeitzeit von 35 Std./Woche ist die Anreisezeit von etwas mehr als zwei Stunden zumutbar, so das Gericht.

SG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.06.2012, Az.: S 4 AS 1956/12 ER

Job-Center muss die volle Fahrtkosten erstatten

Wenn der Job-Center einen Leistungsempfänger zum Meldetermin einlädt, muss er ihm die Fahrtkosten vollständig erstatten. Dies hat das Landessozialgericht München (LSG) entschieden.  Wer zu einem Meldetermin eingeladen werde, müsse dem zwingend folgen. In der Folge müsse das einladende Job-Center auch die Fahrtkosten erstatten. Die Erstattungshöhe stehe zwar im Ermessen der Behörde, das von den Gerichten grundsätzlich nur eingeschränkt geprüft werden könne. Aber jede andere Entscheidung als die vollständige Kostenübernahme sei rechtswidrig. Liegen nachvollziehbare Gründe vor, sei nicht die kürzeste, sondern die verkehrsgünstigste Fahrtstrecke maßgeblich. Bei Benutzung eines PKW richtet sich die Erstattungshöhe nach dem Bundesreisekostengesetz und umfasse nicht nur die Benzinkosten.

Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 27.03.2012, Az.: L 11 AS 774/10

Hartz 4-Satz verfassungswidrig?

Nach Ansicht der 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin hat der Gesetzgeber bei der Festlegung der Grundsicherung den Aspekt der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unzureichend gewürdigt“ und legten die Regelung dem Bundesverfassungsgericht vor. Dieser Beschuss ist deutschlandweit der erste Vorlagebeschluss  in dem es um die Klärung der Verfassungsmäßigkeit der neuen Regelsatzhöhe geht. Anmerkung: In Deutschland ist nur das Bundesverfassungsgericht befugt, ein Parlamentsgesetz für verfassungswidrig zu erklären.

SG Berlin, Beschluss vom 25.04.2012 – Az.: S 55 AS 9238/12

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