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Schlagwort: Gewährleistung

Gerade gekauft und schon kaputt: Was tun? (Teil 2)

In Teil 1 wurde geklärt, in welchen Fällen aus einem Defekt beim gerade erst gekauften Handy, Laptop oder Auto Ansprüche des Käufers gegenüber dem Verkäufer erwachsen können. Aber wie verfährt man mit dem kaputten Handy denn nun? Idealerweise wird man sich – das Handy im Gepäck – zum Handyhändler begeben. Diesen wird man – das Handy in der Hand – erwartungsfroh anblicken… und zunächst einmal schweigen. „Was wollen Sie?“ wird der Handyhändler fragen. „Das Handy funktioniert nicht!“, antwortet man. „Ach, und was genau sollte mich das angehen?“, wird daraufhin manch ein renitenter Handyhändler fragen. Spätestens jetzt steht man als Kunde auf verlorenem Posten… es sei denn, man hat auch Teil 2 gelesen.

Was man verlangen kann und in aller Regel zunächst einmal verlangen muss, ist die Nacherfüllung durch den Verkäufer. Man muss diesem die Möglichkeit geben, die Scharte auszuwetzen, die er durch die Lieferung einer mangelbehafteten Kaufsache hinterlassen hat. Denn jeder hat eine zweite Chance verdient. Und wir sind ja nicht so: Der Händler bekäme sogar noch eine dritte Chance. Versucht er nämlich den Mangel zu beheben und gelingt ihm dies nicht, so muss man ihm erneut die Möglichkeit zur Nachbesserung geben. Erst hiernach kann man weitere Schritte einleiten.

Bei der Nacherfüllung hat der Käufer übrigens die Wahl zwischen einer Reparatur und einer Neulieferung. Nur wenn eine der beiden Arten der Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, kann er diese zu Gunsten der anderen ablehnen.

Der erste Schritt dürfte damit klar sein: Man verlangt vom Verkäufer eine Reparatur oder eine Neulieferung. Was aber, wenn der Verkäufer sowohl Reparatur als auch Neulieferung kategorisch ablehnt (idealerweise hat man einen Zeugen dabei, der dies später bestätigen kann)? In diesem Fall kann man sich in aller Regel glücklich schätzen. Es eröffnen sich dem gut beratenen Kunden nämlich eine Vielzahl von neuen Möglichkeiten. Diese werden im Folgenden aufgezählt:

  1. Man könnte die Sache auf sich beruhen lassen. Diese Variante ist kaum zu empfehlen. Zum einen begibt man sich nämlich seiner Rechte als Verbraucher und Käufer. Zum anderen wird sich der Verkäufer die Hände reiben. Er darf sich in seinen fragwürdigen Geschäftspraktiken bestätigt fühlen und wird diese auch beim nächsten Kunden anwenden. Also: Auch wenn sie den Konflikt scheuen, seien Sie Idealist und kämpfen Sie für die Rechte der Verbraucher.
  2. Empfehlenswerter ist es da schon, auf Reparatur oder Nachlieferung zu bestehen. Sollten diese dem Verkäufer nämlich zumutbar sein, so ist er zur Vornahme verpflichtet. Notfalls müssen Sie Ihren Anspruch jedoch vor Gericht einklagen, sollte der Verkäufer stur bleiben.
  3. Sie haben stattdessen auch die Möglichkeit, den Kaufpreis zu mindern. Hierzu sagen Sie dem Verkäufer Folgendes: „Hiermit mindere ich den Kaufpreis um x Euro.“ Haben Sie den Kaufgegenstand noch nicht bezahlt, dann zahlen Sie nunmehr einfach entsprechend weniger. Wenn Sie bereits bezahlt haben, können Sie den Minderungsbetrag zurückfordern. Weigert sich der Verkäufer in diesem Fall, müssen Sie allerdings vor Gericht ziehen. Eine gewichtiger Nachteil der Minderung liegt darin, dass es dem Verbraucher oftmals schwer fallen dürfte, den richtigen Minderungsbetrag zu bestimmen. Er setzt sich deshalb mit der Minderung oftmals der Gefahr aus, seinerseits vom Verkäufer verklagt zu werden.
  4. Die Gefahr, sich beim Minderungsbetrag zu verschätzen, besteht bei einem Rücktritt nicht. Mit diesem löst man sich gänzlich vom Kaufvertrag. Man gibt den Kaufgegenstand gegebenenfalls zuzüglich einer Gebühr für die bereits erfolgte Nutzungsdauer zurück und bekommt dafür seinen Kaufpreis erstattet. Will man zurücktreten, ist es unerlässlich, dies dem Verkäufer unter Hinzuziehung von Zeugen mitzuteilen. Stellt der Verkäufer sich quer, bleibt einem auch bei dieser Variante nur der Gang zum Anwalt bzw. zum Gericht (zumindest wenn man den Kaufpreis schon gezahlt hat).
  5. Zu guter Letzt bleibt noch die Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen. Dies ist zusammen mit einem Rücktritt möglich. Schadensersatz zu verlangen macht, wie der Name schon sagt, jedoch nur dann Sinn, wenn man auch einen Schaden erlitten hat. Ein solcher liegt zum Beispiel dann vor, wenn man sich das Handy (Auto, Laptop, etc.) ersatzweise bei einem anderen Händler kaufen musste und es dort teurer war. In diesem Fall kann man grundsätzlich die Differenz der beiden Preise ersetzt verlangen. Gleiches gilt für die Mietkosten, wenn man ersatzweise und kurzfristig ein Handy (Auto, etc.) mieten musste. Weigert sich der Händler, den Schadensersatz zu zahlen, so ist man auch in dieser Variante gezwungen ggf. unter Hinzuziehung eines Anwalts zu prozessieren.

(Hinweis: Nr.3-4 gelten außerdem für den Fall, dass der Verkäufer zweimalig den Versuch einer Nachbesserung erfolglos unternommen hat. Sie gelten auch dann, wenn für den Verkäufer eine Nachbesserung unmöglich ist oder er eine solche wegen Unzumutbarkeit rechtmäßigerweise abgelehnt hat).

Wichtig ist, dass all die geschilderten rechtlichen Gegebenheiten auch Ausnahmen kennen und nicht abschließend sind. Der Artikel soll nur grob und in etwa die Rechte des Käufers widergeben. Sollte es tatsächlich zu einem Rechtsstreit kommen, ist es in aller Regel unumgänglich, einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Sollte Ihnen tatsächlich einn Anspruch zustehen und sollten Sie diesen beim Verkäufer angemahnt haben, so bestehen gute Chancen die Ersattung der Rechtsanwaltkosten vom Verkäufer verlangen zu können.

 

Gerade gekauft und schon kaputt: Was tun? (Teil 1)

Zum Aufwärmen zunächst folgende Geschichte: Tom Kruse ist glücklich. Gerade ist sein Handyvertrag ausgelaufen. Im Gegenzug für eine Vertragsverlängerung schickte ihm sein Mobilfunkanbieter ein niegelnagelneues Handy. Erst einen Tag zuvor hatte Herr Kruse es mit zittrigen Händen ausgepackt. Dabei war er so nervös, dass es ihm auf den Boden fiel. Aber es war scheinbar nichts passiert. Danach funktionierte es einwandfrei. Einen Tag später muss er nun feststellen, dass das Handy doch nicht so funktioniert wie er möchte. Es verfügt nämlich über einen neuartigen Touchscreen. Nur tut sich bei diesem nichts… so sehr sich Herr Kruse auch bemüht. „Kann ich das Handy so einfach zurückschicken“, denkt sich Herr Kruse, „Möglicherweise bin ich ja selbst an dem Maleur schuld.“ Herr Kruse setzt sich lieber erst an seinen vor einer Woche auf Ebay ersteigerten Laptop, um eine Internetrecherche zu dieser Frage zu betreiben. Der Lapotop fährt jedoch nicht vollständig hoch. Stattdessen zeigt er eine Fehlermeldung an: „Finde meine Festplatte nicht.“ Herr Kruse ist verzweifelt. Er beschließt in der nahegelegenen Kirche um göttlichen Beistand zu beten. Hierzu steigt er in seinen gerade erst gekauften Gebrauchtswagen. Er dreht den Zündschlüssel um, der Motor röchelt auf, der ganze Wagen zittert kurz… doch dann herrscht Stille. Nichts tut sich. „Eindeutig ein Motorschaden“, glaubt Herr Kruse zu wissen. Er nimmt seinen Hut vom Kopf, wirft ihn vor sich auf die Straße und springt fluchend mit voller Wucht auf ihm herum.

Wie kann man Herrn Kruse helfen? Zunächst sollte man besonnen reagieren und abwarten, bis er sich wieder beruhigt hat. Die juristischen Kenntnisse vorausgesetzt, könnte man ihm daraufhin folgende Ratschläge geben:

  1. Mängelrechte gegen den Verkäufer stehen einem nur zu, wenn die Kaufsache (Handy, Lapotop, Auto) mit einem Mangel behaftet ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Sache nicht so ist, wie sie gewöhnlich sein sollte. Dies trifft hier sowohl auf Handy, Laptop als auch auf das Auto zweifellos zu.
  2. Dieser Mangel müsste auch bei Übergabe der Kaufsache vorgelegen haben. Hat also erst Herr Kruse den Mangel verursacht, so guckt er in die Röhre. Was ist aber, wenn man sich nicht so ganz sicher ist, ob man den Mangel selbst verursacht hat (z.B. durch das Fallenlassen des Handys)? Darf man das Handy dann überhaupt zur Nachbesserung einschicken? – Ja, man darf. Man muss auch grundsätzlich keine Angst haben, sich schadensersatzpflichtig zu machen. Nur wenn man ohne Weiteres erkennen kann, dass man selbst den Schaden verursacht hat und man die Sache dennoch einschickt, droht unter Umständen diese Gefahr. Herr Kruse konnte sich im hiesigen Fall jedoch gerade nicht sicher sein, ob der Defekt vom Sturz des Handys herrührte. Schließlich funktionierte es ja anschließend zunächst noch. Er muss beim Einschicken des Handys nur kundtun, dass er das Handy zur Nachbesserung und nicht zu einer kostenpflichtigen Reparatur einschickt.
  3. Wenn der Verkäufer behauptet, nicht er sondern der Käufer habe den Mangel verursacht, wird es allerdings knifflig. In diesem Fall steht der Käufer dann etwas besser da, wenn seit der Übergabe 6 Monate noch nicht vergangen sind und der Verkäufer (nicht jedoch der Käufer) ein Unternehmer ist. In diesem Fall muss nämlich der Verkäufer beweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorgelegen hat. Problematisch ist im hiesigen Fall insbesondere, ob der Ebay-Verkäufer ein Unternehmer ist. Dies hängt davon ab, ob er regelmäßig in besonderem Umfang Waren über Ebay anbietet. Bei jemandem, der tagtäglich mehrere Verkäufe tätigt, wäre z.B. von einer Unternehmereigenschaft auszugehen.
  4. Sind die 6 Monate bereits vergangen oder ist der Verkäufer kein Unternehmer, so muss man im Streitfalle selbst beweisen, dass man den Mangel nicht eigens verursacht hat. Dies ist in einigen Fällen nur schwer zu bewerkstelligen. Sind sogar bereits 2 Jahre vergangen, so sieht es noch schlechter aus. Zumindest bei beweglichen Kaufgegenständen hat man dann in aller Regel garkeinen Anspruch mehr auf Nachbesserung.
  5. Nun steht man im Laden und will die Kaufsache zur Reparatur abgeben. Daraufhin reagiert die Verkäuferin schnippisch: „Wenden sie sich bitte an den Hersteller. Der Packung liegt schließlich eine Herstellergarantie bei.“ Man sollte nun nicht kleinbei geben. Der Verkäufer schuldet die Nacherfüllung… damit basta. Gibt der Hersteller eine Garantie ab, so bedeutet das nur, dass man sich unter den Voraussetzungen der Garantie AUCH an den Hersteller wenden könnte.
  6. Was aber tut man, wenn man den Kassenbon nicht mehr hat. Auch in diesem Fall muss man sich nicht unbedingt kleinkriegen lassen. Es reicht, wenn man sonstwie nachweisen kann, dass man die Sache bei einem bestimmten Verkäufer (Laden, etc.) gekauft hat. War man z.B. bei dem Einkauf in Begleitung, so kann man diese zur Untermauerung als Zeuge mitnehmen. Verweigert der Verkäufer dennoch die Nachbesserung („Nur mit Bon!“), so sollte man ihn über die geltende Rechtslage aufklären. Gab sich der Verkäufer zuvor unfreundlich, so darf man bei dieser Aufklärung gerne auch überheblich wirken.

Nun ist einem der Mangel rechtzeitig aufgefallen und es ist klar, dass er schon bei Übergabe vorlag: Welche Möglichkeiten der Käufer nun genau hat, soll in Teil 2 geklärt werden.

Noch ein wichtiger Hinweis: Sowohl in Teil 1 als auch in Teil 2 soll dem Leser nur ein kurzer Überblick verschafft werden. Die aufgezählten rechtlichen Erläuterungen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Stellt sich der Verkäufer quer, so sollte man einen Anwalt aufsuchen.

Hier geht es zu Teil 2.

Kaufverträge aus dem Internet und Gewährleistungsausschluss bei Gebrauchtwagenverkauf

Ein Gewährleistungsausschluss in einem aus dem Internet verwendeten Kaufvertrag, der bei einem privaten Gebrauchtwagenverkauf keine Einschränkungen für grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen enthält, ist nach Ansicht des OLG Oldenburg unwirksam. Bei dieser Klausel handele es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), weil diese für eine mehrfache Verwendung vorformuliert seien. Dafür gelten aber die strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen gemäß § 309 Nr. 7a und b BGB. Danach müsse ein wirksamer Gewährleistungsausschluss eine Einschränkung für grob fahrlässige oder vorsätzliche Pflichtverletzungen sowie hinsichtlich Körperschäden enthalten. Da diese Einschränkungen im konkreten Fall fehlten, sei der vereinbarte Gewährleistungsausschluss insgesamt unwirksam, so das Gericht.

 OLG Oldenburg, Urteil vom 27.05.2011 Az.: 6 U 14/11

Nachbesserung: Muss ich die Kaufsache selbst zum Verkäufer bringen oder nicht?

Der BGH hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Ein französischer Camper bestellte einen neuen Camping-Faltanhänger in Deutschland. Der Kaufvertrag sah vor, dass der Anhänger in Deutschland abzuholen sei. Dennoch war der Verkäufer so nett, den Faltanhänger anzuliefern. Der Camper war überglücklich und nahm den Faltanhänger auch promt mit in seinen nächsten Urlaub. Im Urlaubsort angekommen musste er mit großem Schrecken feststellen, dass der Faltanhänger mit Mängeln behaftet war. Er machte sich also auf den Weg zurück nach Frankreich und kontaktierte den Verkäufer. Dieser weigerte sich den Faltanhänger zwecks Nachbesserung abzuholen. Stattdessen müsse der Camper den Faltanhänger nach Deutschland schicken, insistierte der Verkäufer. Der Camper blieb stur und trat lieber vom Kaufvertrag zurück.

Wer hatte Recht? Der Verkäufer, entschied der BGH. Wer den Transport des Kaufgegenstands zu übernehmen habe, richte sich nämlich danach, wo der Ort der Nacherfüllung sei. Ist dieser beim Wohnort des Käufers, so muss der Verkäufer den Kaufgegenstand abholen. Ist er hingegen am Standort des Verkäufers, läuft es umgekehrt.

Aber wo ist der Ort der Nacherfüllung? Falls die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen haben, richtet sich dies nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist insbesondere die Zumutbarkeit für den Verkäufer (dies gebietet das Europarecht). Wäre eine Überbringung des Kaufgegenstandes für den Käufer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden, so spräche dies für einen Nacherfüllungsort beim Verkäuferstandort. Weitere Kriterien sind die Art und die Ortsgebundenheit der Leistung.

Ausgehend hiervon sah es der BGH als für den Käufer zumutbar an, den Faltanhänger zur Nacherfüllung zum Verkäufer zu bringen. Der Verkäufer hatte somit nichts falsch gemacht. Ein Rücktritt kam nicht in Frage.

(Urteil vom 13. April 2011 – VIII ZR 220/10)

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